Der Vorsitzende der Fakultätsvertretung für Rechtswissenschaften Wien hat in einem Artikel die Frage aufgeworfen, ob die geschlechtergerechte Sprache nervend sei. Unabhängig davon, dass dadurch eines der zentralen Wahlkampfthemen des RFS-Wien aufgegriffen wurde, ist die gestellte Frage eindeutig zu bejahen.

 

So weit so gut, aber nun ist die neue Ausgabe dieser Zeitschrift versendet worden (Juristl) in welchem unter anderem Leserbriefe zu diesem Thema abgedruckt sind. Lediglich ein einziger abgedruckter Leserbrief beantwortet diese Frage negativ. Es ist daher anzunehmen, dass die Mehrheit der Leser die gegenderte Sprache als überflüssig empfindet. Der einzige gegensätzliche Leserbrief stammt von einem Mitglied des Vorsitzendteams der ÖH Uni Wien. Abgesehen von den positiven Worten zur geschlechtsgerechten Sprache – und den Rechtsschreibfehlern – ist folgender Satz zu lesen „… überdenke doch gleich ab du nicht _ oder * verwenden willst, dann kannst du auch auf andere Geschlechter alls Mann/Frau Rücksicht nehmen.“ (Oona Kroisleitner, VsStÖ)

 

Beim Lesen dieses letzten Satzes kam unweigerlich eine Frage auf: Welche Geschlechter gibt es sonst noch? Selbst Personen die sich selbst noch nicht entschieden haben welchem Geschlecht sie angehören wollen, oder mit ihrem Geschlecht nicht zufrieden sind, fallen unweigerlich in eine der Kategorien (entweder physisch oder psychisch). Mir fällt lediglich noch eine weitere Deutungsweise des Wortes „Geschlecht“ ein, das Adelsgeschlecht. Bleibt also die Frage offen, ob diverse Sonderzeichen dafür da sind, dass sich auch Angehörige des Geschlechtes der Habsburger, Burbonen u. ä. angesprochen fühlen sollen? Diese neuen monarchistischen Tendenzen verwundern beim VsStÖ doch sehr!

 

Tags darauf lag auch schon die nächste Zeitung einer Studentenvertretung in der Post, das „Unique“. Mir fiel unter anderem auf, dass immer wieder Worte wie „Herrschaft“, „Bürgermeister“, „Emanzipation“ etc. zu lesen waren. Wenn allerdings die Forderung nach einer „geschlechtergerechten Sprache“ ernst genommen werden soll, dann sollten, in Anlehnung an die Tatsache, dass das geschlechtsneutrale Wort „man“ auch durch „man/frau“ gegendert wird, die eben genannten Worte doch bitteschön durch „Herr/Frauschaft“, „Bürger/Innenmeister“, „Eman/frauzipation“ ersetzt werden. Zur weiteren Geschlechtsneutralität schlage ich aber auch vor, dass dann keinerlei männliche oder weibliche Artikel mehr verwendet werden dürfen, sondern nur mehr sächliche.

 

Auffallend finde ich aber auch, dass in dieser Zeitschrift dann aber doch wieder nicht alle Nomen geschlechtsneutral geschrieben wurden. (So ist zum Beispiel von „Richtern“ und „Opfern“ die Rede). Offensichtlich fällt selbst den Link_Innen die Anwendung ihrer eigenen Regel schwer.

 

Wir könnten aber auch den Ideen einer Facebook-Gruppe folgen, welche fordert, dass an weibliche Nomen welche auf „in“ enden noch ein „der“ angehängt wird, damit sich auch die bisher diskriminierte Gruppe der Inder durch die Texte angesprochen fühlt.

 

Oder sollten wir im Sinne einer Text-Ökonomie und aufgrund der leichteren Lesbarkeit des geschriebenen Wortes vielleicht doch wieder auf die einzige grammatikalisch korrekte Form, den generischen Maskulin zurückgreifen? Bekanntlich ist die Verwendung des Maskulins hierbei verallgemeinernd bzw. geschlechtsneutralisierend. Damit könnten sich dann auch die „anderen Geschlechter“ – von denen ich immer noch nicht weiß welche dies sein sollen – angesprochen fühlen, und der Leser könnte dem Inhalt des Textes zumindest verstehen! Oder ist der Zweck solcher Sonderzeichen und Binnen-I’s vielleicht gerade diese Unlesbarkeit um inhaltliche Schwächen zu vertuschen?