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Ernst Strasser ist am Sonntag von seiner Abgeordnetentätigkeit im EU-Parlament zurückgetreten. Er habe sich zum Rücktritt „entschlossen, weil es in Österreich eine Kampagne gegen mich gegeben hat“. Diese habe eine „Optik erzeugt, die der Volkspartei schadet“. Zuvor hatte Vizekanzler Josef Pröll in einer Aussendung Strassers „umgehenden Rücktritt von allen politischen Funktionen“ verlangt.
Nach einer deutlichen Rücktrittsaufforderung von Vizekanzler Josef Pröll
nahm ÖVP-Europaabgeordneter Ernst Strasser den Hut.
Foto: ÖVP Online / flickrStrassers Erklärungsversuche in dem Lobby-Skandal seien „völlig unglaubwürdig“, er habe dem Prinzip, dass Politik den Menschen dienen solle, „ganz offensichtlich auf unentschuldbare Weise zuwidergehandelt“. Zudem forderte Pröll in der Aussendung „eine unmissverständliche Entschuldigung bei all jenen, die ihm bisher das Vertrauen geschenkt haben“.
Der ÖVP-Politiker stolperte über einen Gesetzesänderungswunsch von Lobbyisten, die sich in Wirklichkeit jedoch als verdeckte Reporter der britischen Tageszeitung „Sunday Times“ herausstellten. Dem ehemaligen Innenminister wurden für die Einbringung eines Änderungsvorschlags zum Anlegerschutzgesetz 100.000 Euro, ein Aufsichtsratsposten und Flugreisen angeboten. Dafür soll er bei seinen beiden Parteikollegen Othmar Karas und Hella Ranner mehrmals persönlich urgiert haben.
Strasser erzählt von fünf Kunden à 100.000 Euro
Die Reporter haben die entsprechende Unterredung mit Strasser auf Video aufgezeichnet, „um mit Versprechen hoher Geldzahlungen zu testen, wie korrupt EU-Parlamentarier sind“, heißt es in der heute veröffentlichten Enthüllungsreportage der Zeitung. Darin wird der ehemalige Innenminister zitiert, ein Lobbyist und gleichzeitig EU-Abgeordneter zu sein und bereits fünf Kunden zu haben, die ihm 100.000 Euro jährlich bezahlen würden. Die erste Tranche seines Lobbying-Gehalts für die mutmaßliche britische Scheinfirma in Höhe von 25.000 Euro habe sich der ÖVP-Delegationsleiter bereits Anfang März erwartet. Nicht direkt an ihn, sondern an eine seiner Wiener Firmen. Schließlich sei schon ein Kompromiss mit „zwei wesentlichen Leuten“ erreicht worden.

Strasser wollte zur Staatspolizei gehen

Strasser betonte am Sonntag erneut, dass es sich um eine „politische Kampagne gegen seine Person“ handle – er sei nur zum Schein auf das Angebot eingegangen, um die Hintermänner des zweifelhaften Angebots zu enttarnen. „Der politische Druck geht von einer Person aus – Othmar Karas“. Zwischen den beiden gab es im Jahr 2009 einen handfesten Streit um die Funktion des Delegationsleiters in Brüssel. Karas hege seitdem persönliche Animositäten gegen ihn, so Strasser. Er sei jedenfalls mit den Lobbyisten in Kontakt geblieben, um sie ausforschen zu können und der österreichischen Staatspolizei zur Anzeige zu bringen. „Anfang März habe ich Unterlagen bekommen – einen Vertragsentwurf -, mit diesem wollte ich zur Staatspolizei gehen“, sagte Strasser. Er sei jedoch in der Folge aus „terminlichen Gründen verhindert“ gewesen. Schriftlich wollte er die Anzeige nicht einbringen – „Ich wollte den Chef der Staatspolizei selbst sprechen“.